Die 8 sardischen Winde
Philipp Strebel Kommentare 0 Kommentare
Naturkräfte, die das Inselklima prägen – Sardinien ist mehr als nur kristallklares Meer und wilde Macchia. Die zweitgrößte Mittelmeerinsel ist auch ein Spielplatz der Elemente – allen voran der Wind. Seit Jahrhunderten prägen die acht Hauptwinde, die aus allen Himmelsrichtungen über die Insel wehen, nicht nur das Wetter, sondern auch das Leben, die Architektur und sogar die Küche Sardiniens.

Warum acht Winde?
Schon die antiken Seefahrer wussten: Die Lage Sardiniens mitten im Mittelmeer macht die Insel zur Bühne für eine Vielzahl unterschiedlicher Winde. In der sardischen Tradition kennt man acht Hauptwinde, jeder mit seinem eigenen Namen, Charakter und Einfluss.
1. Maestrale (Nordwestwind) – Der König der sardischen Winde
Herkunft: Nordwest
Charakter: Stark, kühl, trocken
Einfluss: Sehr hoch
Der Maestrale ist der mächtigste Wind Sardiniens. Er kommt aus Südfrankreich, überquert das Mittelmeer und trifft meist ungebremst auf die Insel – vor allem an der West- und Nordküste, wo er die Wellen hochpeitscht und Segler ebenso wie Kitesurfer anlockt. Im Sommer bringt er ersehnte Abkühlung, im Winter kann er tagelang für klare, kalte Luft sorgen.
📍 Besonders spürbar in: Alghero, Stintino, La Maddalena, Oristano
2. Tramontana (Nordwind) – Klarheit und Kühle
Herkunft: Norden
Charakter: Kühl, trocken, oft böig
Einfluss: Mittel
Die Tramontana bringt klare Sicht und saubere Luft. Sie ist ein typischer Winterwind und weht meist kürzer und weniger heftig als der Maestrale. Fischer schätzen die Tramontana wegen der ruhigen See, die ihr folgen kann.
3. Grecale (Nordostwind) – Der alte Seefahrerwind
Herkunft: Nordost, aus Richtung Griechenland
Charakter: Kühl, trocken
Einfluss: Mittel
Ein Wind mit antikem Namen – Grecale stammt von „Griechenland“ und weht oft im Winter. Er bringt kühle, trockene Luft nach Sardinien und wird oft von klarem Wetter begleitet.
4. Levante (Ostwind) – Der feuchte Geselle
Herkunft: Osten
Charakter: Feucht, leicht warm
Einfluss: Mittel
Der Levante ist ein feuchter Wind, der besonders an der Ostküste Sardiniens spürbar ist. Er kann Nebel, Regen und erhöhte Luftfeuchtigkeit mitbringen. In den Sommermonaten ist er selten, kann aber in der Übergangszeit Wetterumschwünge einläuten.
📍 Besonders spürbar in: Ogliastra, Cala Gonone, Arbatax
5. Scirocco (Südostwind) – Der heiße Atem Afrikas
Herkunft: Südosten, aus der Sahara
Charakter: Heiß, staubig, feucht oder trocken
Einfluss: Hoch
Der Scirocco ist einer der intensivsten Winde Sardiniens. Er bringt heiße Luft aus Nordafrika mit sich – oft begleitet von Saharastaub, der sich wie ein Schleier über die Landschaft legt. Temperaturen können stark steigen, die Luft wird drückend. Für Wein- und Olivenbau kann er eine Herausforderung sein – oder ein Reifebeschleuniger.
📍 Besonders spürbar in: Süden und Osten Sardiniens
6. Ostro (Südwind) – Der feuchte Verführer
Herkunft: Süden
Charakter: Warm, feucht
Einfluss: Gering bis mittel
Der Ostro ist weniger bekannt, aber nicht minder wichtig. Er bringt warme Luft vom afrikanischen Kontinent, ist aber nicht so trocken wie der Scirocco. Oft kündigt er Regen oder Gewitter an.
7. Libeccio (Südwestwind) – Der salzige Sturm
Herkunft: Südwesten
Charakter: Heftig, stürmisch, feucht
Einfluss: Mittel bis hoch
Der Libeccio ist ein typischer Sturmwind, der oft mit starken Regenfällen einhergeht. Er bringt salzhaltige Luft vom Meer mit sich – nicht ideal für empfindliche Pflanzen, aber unverkennbar in seiner Kraft. Vor allem die Südwestküste spürt seinen Einfluss.
📍 Besonders spürbar in: Costa Verde, Sant’Antioco, Sulcis
8. Ponent (Westwind) – Der milde Atlantiker
Herkunft: Westen
Charakter: Mild, feucht
Einfluss: Gering bis mittel
Der Ponent bringt atlantische Luft, manchmal frischen Regen, aber selten Sturm. Er ist ein typischer Frühlings- und Herbstwind, der für gemäßigtes, ausgeglichenes Wetter sorgt – beliebt bei Wanderern und Naturfreunden.
Welcher Wind dominiert Sardinien?
Am stärksten prägt der Maestrale das Wetter auf Sardinien – er ist regelmäßig spürbar, kann tagelang wehen und bestimmt vor allem das Mikroklima im Nordwesten. Der Scirocco ist ebenfalls sehr einflussreich, besonders im Sommer, wenn er für Hitze und Trockenstress sorgen kann. Alle anderen Winde spielen saisonal wichtige Rollen und machen das sardische Klima so abwechslungsreich wie die Insel selbst.
Fazit: Der Wind als unsichtbarer Begleiter
Die acht Winde Sardiniens sind mehr als meteorologische Phänomene – sie sind Teil der sardischen Identität. Sie bestimmen, wann Oliven geerntet werden, wie sich das Meer anfühlt, wie Wein reift oder wie ein Tag am Strand endet. Wer Sardinien wirklich verstehen will, muss lernen, den Wind zu lesen – so wie es die Sarden seit Jahrhunderten tun.
🧭 Tipp für deinen Sardinien-Urlaub:
Lade dir eine Wind-App wie Windy oder Meteoblue herunter – und beobachte, wie sich deine Umgebung mit dem Wind verändert. Besonders spannend für Segler, Surfer und Naturfreunde.